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Preisträger 2024

Martin Piekar

© Charlotte Werndt

Martin Piekar, 1990 in Bad Soden am Taunus geboren, hat an der Goethe-Universität Frankfurt Philosophie und Geschichte auf Lehramt studiert. Er lebt und arbeitet in Frankfurt. Mit 14 Jahren begann er mit dem Schreiben und wurde unter anderem Stipendiat im LiteraturLaborWolfenbüttel und zum Open Mike eingeladen. Zwischen 2010 und 2019 schrieb er die Lyrikbände Bastard Echo und AmokperVers, beide erschienen im Verlagshaus Berlin. Später folgten unter anderem ein Stipendium des Hessischen Literaturrats e.V. und des Prager Literaturhauses sowie 2023 der Kelag-Preis und der BKS-Publikumspreis bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur. 

Den Robert Gernhardt Preis 2024 bekommt er für sein Vorhaben „Vom Fällen eines Stammbaums“. Darin erzählt er vom Aufwachsen eines Jungen, der mit seiner depressiven und alkoholkranken Mutter in einer kleinen Wohnung zusammenlebt. Er erfasst das Schweigen, das von Generation zu Generation weitergegeben wird, und findet heraus, wie sehr die Traumata seiner Familie bis in den Nationalsozialismus zurückreichen – und wie sehr sie ihn geprägt haben. Ein kraftvoller Text, in dem die Tonfälle zwischen Alltagsjargon, Nu-Metal und leiser Zärtlichkeit abwechselten, so die Jury.

Prof. Dr. Christina Griebel

© Lukas Giesle

Prof. Dr. Christina Griebel, geboren 1973 in Ulm, studierte Malerei, Kunsterziehung und Germanistik in Karlsruhe. 2000 wurde sie mit dem Stipendium „Autorenwerkstatt Prosa“ des Literarischen Colloquiums Berlin ausgezeichnet. Ihr erster Erzählband „Wenn es regnet, dann regnet es immer gleich auf den Kopf“ erschien 2003. Neben einer Reihe von Stipendien erhielt sie 2001 den Walter-Serner-Preis sowie 2002 den Preis für Junge Literatur der Stadt Ulm. 2003 nahm sie am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt teil. Seit 2015 ist sie Professorin für Kunstdidaktik und Bildungswissenschaften an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. 

Prof. Dr. Christina Griebel bekommt den Robert Gernhardt Preis für ihr Erzählprojekt „Er ist niemals geflogen“. Der Text kreist in einer poetischen und bildreichen Sprache um eine rheinhessische Familie. Im Zentrum steht der Vater der Ich-Erzählerin, der niemals ohne sein Fernglas und ohne sein Vögel-Bestimmungsbuch unterwegs ist. Die Jury zeigte sich beeindruckt davon, wie die Erinnerungsschichten sich überlagern; jede Beobachtung erzeuge eine neue Assoziation. Das Fliegen, die Musik, der Geist der Epoche – alles fließe zusammen zu einem unscharfen und doch präzisen Porträt eines schweigsamen Mannes, der mit einem Geheimnis lebte.

Preisträger 2023

Leona Stahlmann

Dies ist ein eingebettetes Bild © Simone Hawlisch

Leona Stahlmann wurde 1988 in Fulda geboren. Sie studierte Europäische Literatur und lebt heute als freie Schriftstellerin und Drehbuchautorin am Staffelsee. Ihre Arbeit wurde mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet, zuletzt erfolgte die Nominierung für den Ingeborg Bachmann-Preis 2022.

Für ihre Erzählung „Siebeninselsommer“ erhält Stahlmann 2023 den Robert Gernhardt Preis. Das Projekt widmet sich einer Beziehung zwischen Mutter und Tochter, die in unterschiedlichen Welten, in unterschiedlichen sozialen Verhältnissen leben. Zwischen einem Haus an einem bayerischen See und einer Tankstelle im Norden von Island entsteht eine Spannung, die weit über das Persönliche hinausgeht. „Leona Stahlmann zeigt in einer ruhigen Sprache, wie festgefügte Verhältnisse ins Wanken geraten“, lobt die Jury.

 

Ulrike Almut Sandig

Dies ist ein eingebettetes Bild © Sascha & Estefania Conrad Poesiekollektiv Landschaft

Ulrike Almut Sandig, Jahrgang 1979, wuchs in Dresden auf und lebt in Berlin. Sie verfasst Lyrik, Prosa und Hörspiele und brachte 2020 ihren ersten Roman „Monster wie wir“, der in den späten Jahren der DDR spielt, heraus. Gemeinsam mit dem ukrainischen Dichter und Musiker Grigory Semenchuk betreibt sie das Bandprojekt „Landschaft“ und arbeitet an Nachdichtungen aus dem Ukrainischen.

Sandig wird für ihr Romanprojekt „Die Düne“ mit dem Robert Gernhardt Preis 2023 ausgezeichnet. Darin erzählt sie von einer Familie in einer postsowjetischen Großstadt. Geht dort etwas verloren, so taucht es an anderer Stelle unverhofft wieder auf. Nichts verschwindet für immer – auch nicht die Angst. In einer leichten, zwanglos wirkenden Sprache, so die Jury, entwickele Sandig mit großem Können spannende Charaktere und eine phantastisch-unheimliche Atmosphäre.

Preisträger 2022

Andreas Lehmann

Neuer Inhalt (1)

© Christopher Utpadel

Andreas Lehmann wurde 1977 in Marburg geboren. Nach seiner Ausbildung in Frankfurt am Main absolvierte er ein Studium der Buchwissenschaft, Komparatistik und Amerikanistik in Mainz. Heute lebt Lehmann in Leipzig. 

Andreas Lehmann erhielt den Robert Gerhardt-Preis für sein Prosaprojekt „Nichts als ein Name“. Es erzählt von einer Frau, die über den Friedhof ihres Heimatortes spaziert. Ein Besuch bei der schwerkranken Mutter ist Anlass für eine Reflexion über Zugehörigkeit, Erwachsenwerden und Prägung, geschrieben in einer unaufgeregten Sprache und exakt beobachtet, lobt die Jury und ergänzt: „Ein Text, der hohe Erwartungen an den geplanten Erzählungsband ,Lebenszeichen‘ weckt.“ 

Jan Koneffke

Dies ist ein eingebettetes Bild

© Johannes Kauper

Jan Koneffke wurde 1960 in Darmstadt geboren. Ab 1981 studierte er an der Freien Universität Berlin Philosophie und Germanistik und erlangte 1987 den Magistergrad. Dort arbeitete er anschließend auch als freier Schriftsteller. Nach einem langen Aufenthalt in Rom lebt er seither als Schriftsteller, Publizist und Übersetzer in Gießen, Wien und Bukarest.

Jan Koneffke wird für sein Lyrikprojekt „Nachgesang“ ausgezeichnet. Seine Gedichte überzeugten die Jury durch den geglückten Balanceankt von scheinbar unangestrengtem Tonfall und Tiefenerinnerung. Orte, Gegenstände oder auch nur Geräuschen könnten in Koneffkes Versen die Auslöser sein für die Heraufbeschwörung einer ganzen Welt, die im Augenblick entsteht. Innerhalb einer Zeile könnten Koneffkes Gedichte zwischen Humor und Melancholie flirren.

Preisträger 2021

Fredy Gareis

Fredy Gareis © Patrizia Schlosser

Fredy Gareis wurde 1975 in Kasachstan geboren und ist im südhessischen Rüsselsheim aufgewachsen. Gareis arbeitete als freier Journalist unter anderem für Die Zeit, den Tagesspiegel und Deutschlandradio. Seit 2013 ist er freier Autor. Er wurde u.a. mit dem Journalistenpreis des Deutschen Kulturrats und mehrfach mit dem ITB BuchAward ausgezeichnet. 

Fredy Gareis erhält den Preis für sein Romanprojekt „Kindermund“. Es erzählt von vier Kindern, deren Eltern als Arbeitsmigranten nach Rüsselsheim gekommen sind. Die Jury überzeugte das Setting in den 1980er Jahren: „Die Atmosphäre der sich im schleichenden Niedergang befindlichen Arbeiter- und Opelstadt Rüssels-heim kondensiert sich in Gewalterfahrungen im familiären Umfeld. ,Kindermund‘ ist eine Prosa, in der Herkunft, Klasse und Ausbruchssehnsüchte sich auf schlüssige Weise zu einer Coming-of-Age-Geschichte verbinden“, so die Robert Gernhardt Preis Jury.


Tanja Paar

© Pamela Russmann

Tanja Paar ist 1970 in Graz geboren und hat Philosophie, Geschichte und Germanistik in Graz, Wien und Lausanne studiert. Heute lebt sie in Wien und hat bereits für diverse Magazine und Tages- und Wochenzeitungen geschrieben (Falter, Profil, Der Standard).

Tanja Paar erhält den Preis für ihr Romanprojekt „Der Ziegenzirkus“. Es spielt im Kosmos eines Dorfes im Grenzgebiet zwischen Nordhessen und Thüringen. Die Jury überzeugten die unterschiedlichen, aber ausschließlich weiblichen Perspektiven: „Geschickt wechselt Tanja Paar in ihrem Prosatext die Blickwinkel und die Stillagen, um die Konflikte zwischen Neuankömmlingen und Alteingesessenen anschaulich zu machen. Es geht um Selbstoptimierung, Selbstfindung und Selbstüberforderung. Und darum, welche Bedeutung der Begriff Heimat in der Gegenwart haben kann.“


Preisträger 2020

Fatma Bahar Aydemir

Fatma Aydemir © Ela Bahadirli

Die deutsche Journalistin und Schriftstellerin Fatma Bahar Aydemir wurde 1986 in Karlsruhe geboren. Sie studierte Germanistik und Amerikanistik in Frankfurt am Main. Seit 2012 lebt Fatma Aydemir in Berlin und arbeitet als Redakteurin bei der Tageszeitung „taz“. Für ihren Debütroman „Ellbogen“ erhielt sie 2017 den mit 10.000 Euro dotierten Klaus-Michael-Kühne-Preis des Harbour-Front-Literaturfestivals für den besten Debütroman des Jahres.

Für ihr Romanprojekt „Dschinns“ erhielt sie im Juni 2020 den Robert Gernhardt Preis. Darin befasst sie sich mit den Lebensgeschichten von Hüseyin und seiner Familie. Hüseyin war in den 1970er-Jahren als so genannter Gastarbeiter nach Deutschland gekommen. Die Jury überzeugte, wie Fatma Aydemir „auf ergreifende und literarisch gekonnte Weise den Tod von Hüseyin beschreibt. Die Biografien, die Fatma Aydemir rekonstruiert, stehen paradigmatisch für mehrere Generationen migrantischer Erfahrungen. Und sie erzählen aus dem Land, in dem wir alle leben“.

Sven Amtsberg

SVEN AMTSBERG © M. Hogrefe

Sven Amtsberg ist 1972 in Hannover geboren. Seit 1996 lebt er in Hamburg und ist als Schriftsteller und Veranstalter von Lesungen tätig. 2001 und 2008 erhielt er den Hamburger Förderpreis für Literatur.

Im Juni 2020 wurde Amtsberg für sein Romanprojekt „Rakete Schmidt“ mit dem Robert Gernhardt Preis ausgezeichnet. Amtsberg erzählt davon, wie ein Vater und sein Sohn auf einer gemeinsamen Reise verzweifelt versuchen, einander endlich nahezukommen. Ein Großteil des Romanprojekts spielt in Hessen.

Dabei beeindruckte er die Jury „durch seine Sprache, die auf dem schmalen Grat zwischen rasanter Komik und dahinter spürbarem Ernst balanciert. Dass hinter der angeblichen Krankheit des Vaters ein Geheimnis lauert, ist zu vermuten. Auf die Auflösung der Geschichte darf man mit Spannung warten“.

Thomas Hettche

Thomas Hettche © Joachim Gern

Thomas Hettche, 1964 in Gießen geboren, ist ein deutscher Schriftsteller und Essayist. Er studierte Germanistik, Filmwissenschaft und Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main. Neben seiner schriftstellerischen Arbeit ist Thomas Hettche als Journalist tätig und schreibt Kritiken, Reportagen und Essays unter anderem für die F.A.Z und die Neue Zürcher Zeitung. 

Im Juni 2020 hat er seine 29. Auszeichnung, den Robert Gernhardt Preis, für sein Romanprojekt „Im Arvenschatten“ erhalten. Es ist die Geschichte einer Flucht: Ein Mann kommt zurück in ein Dorf in der Schweiz, mit dem seine Kindheitserinnerungen verbunden sind. Er überprüft, was seine Existenz ausmacht: Trost, brüchige Heimat, scheinbar festgefügte Gewissheiten. Die Jury war fasziniert, „wie sich in einer atmosphärisch ungemein fesselnden, bildreichen Sprache Topografie und Bewusstsein zu einem Szenario, in dem das Katastrophische ebenso mitschwingt wie das Schöne, verdichten.“

Preisträger 2019

Nina Bußmann

© Wolf-Dirk Skiba © Wolf-Dirk Skiba Nina Bußmann, geboren 1980 in Frankfurt am Main, studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Philosophie in Berlin und Warschau und lebt heute in Berlin. Sie hat für ihr Schreiben verschiedene Auszeichnungen bekommen, unter anderem den 3sat-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Preis 2011 für einen Auszug aus ihrem Debütroman Große Ferien.

2019 erhielt Nina Bußmann den Robert Gernhardt Preis für ihr Romanprojekt Dickicht. Der Preis dient der Förderung noch im Entstehen begriffener Werke: Bußmanns Roman Dickicht ist im Juni 2020 im Suhrkamp Verlag erschienen.


In der Begründung der Jury heißt es über das Schreibvorhaben der Autorin: »Nina Bußmann erzählt in einer klaren Sprache von der Unklarheit eines modernen Bewusstseins zwischen Arbeits- und Lebenswelt, zwischen Freundschaft, Therapien und spirituellen Verlockungen.«

Interview Nina Bußmann auf hr2-kultur
© Hessischer Rundfunk

Preisträger 2018

Julia Wolf

julia-wolf[1] © Franziska Rieder Wenn auch einer Sprachkünstlerin wie Julia Wolf jedes Floskelhafte abgeht, so fasst „Aller guten Dinge sind drei“ doch recht gut den Erfolg der Schriftstellerin zusammen. 1980 in Südhessen ins Leben gestartet, machte sich Wolf zunächst als Schreibende für Radio, Theater und Film einen Namen, bevor 2015 eine andere Trilogie die Regie in ihrem Leben übernahm. Mit ihrem Debüt „Alles ist jetzt“ legte sie den literarischen Grundstein für eine Romanreihe, die dem hessischen Kleinbürgertum auf den mitunter provinziellen Zahn fühlt. 2017 folgte Teil zwei, „Walter Nowak bleibt liegen“, 2018 erhält sie für den dritten Band im Projektstatus „Alte Mädchen“ den Robert-Gernhardt-Preis.

Drei Jahre für drei im wahrsten Sinne des Wortes ausgezeichnete Romane. Ihre Protagonisten sind unreflektiert, uneinsichtig und führen ein wenig spektakuläres Leben. Dennoch: Die Wahl-Berlinerin fesselt mit ihren sprachlich knappen Seelenreisen – und wird dafür belohnt. Als „gelungene Mischung aus Distanz und Warmherzigkeit“ lobt die Jury des Robert-Gernhardt-Preises ihr neuestes Romanprojekt. Zuvor erhielt Julia Wolf für ihre Trilogie bereits den Kunstpreis der Lotto Brandenburg GmbH, den  3sat-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Preis, den Debütpreis des Nicolas-Born-Preises und kann zudem eine Nominierung zum Deutschen Buchpreis 2017 vorweisen.

Florian Wacker

florian-wacker[1] © Melina Mörsdorf Als sich Florian Wacker 2010 dazu entschied, statt der Heilpädagogik das Schreiben zum Lebensinhalt zu machen, erwachte im deutschen Literaturbetrieb eine erzählgewaltige Stimme. Diese ließ der 1980 geborene Geschichtenerzähler  in den letzten Jahren nicht nur in zahlreichen Anthologien und Literaturzeitschriften erklingen. Mit ihr folgt er beispielsweise in „Albuquerque“ auf 14 Geschichtspfaden der Tradition der amerikanischen Short Story und beweist sein Talent, mit wenig viel zu sagen. Vielsagend ebenso, aber in unaufgeregter Sprache, lässt der Frankfurter dann im Coming-of-Age-Roman „Dahlenberger“ einen letzten Jugendsommer auferstehen. Neben dem Geschmack von Freibadchlor und unerfahrenen Küssen auf den Lippen währt ein Gefühl von „nichts bleibt“.

Ums Verschwinden – allerdings der mysteriösen Art – dreht sich auch Wackers Romanprojekt „Dikson“. Für die Mischung aus Abenteuer- und Kriminalroman über eine missglückte norwegische Arktisexpedition im Jahre 1919 erhielt er 2018 den Robert-Gernhardt-Preis. Denn:  „Florian Wacker weiß Spannung zu erzeugen, verfügt aber auch über die sprachlichen Mittel, die Verschmelzung von Realität und albtraumartiger Phantasie im Todeskampf der Verschollenen darzustellen.“

Rede des Preisträgers Florian Wacker:
© WIBank

Preisträger 2017

Maike Wetzel

maike-wetzel-©Andreas-Potthoff-co-Schöffling-u-Co[1] © Andreas Potthoff c/o Schöffling & Co. Vom Glück verlassen fühlen sich die Figuren ihres mit dem Robert Gernhardt-Preis 2017 ausgezeichneten Romanprojektes „Elly“. Spurlos verschwindet die 11-jährige Tochter aus einer Durchschnittsfamilie, deren Leben sich radikal umkehrt. Denn was nach dem Einbruch des Unvorstellbaren für Eltern und Schwester bleibt, ist die Ungewissheit. Nagend und zur Verzweiflung treibend ob der unzähligen Möglichkeiten, die das Verschwinden erklären könnten. „Die Autorin bewegt sich souverän im Bereich zwischen Alltagswirklichkeit und der Welt immer neuer ungeheuerlicher Phantasien über ein Verschwinden, das nur Fragen hinterlässt und keine einzige Gewissheit; sie weiß spannend zu erzählen und ihren Figuren glaubhaft Leben einzuschreiben,“ so die Jury zur Auszeichnung des Projekts.

Gewissheit findet man bei Maike Wetzel außerhalb ihres Werkes schnell: Bereits mit 16 Jahren schrieb sie gleichsam den Grundstein für ihr schriftstellerisches Dasein nieder, als sie „Schüler schreiben“ gewann. Ihr Talent, Worten besonderen Klang zu verleihen, bildete sie mit dem Studium der Regie weiter aus. So kann man die Arbeiten der 1974 in Groß-Gerau geborenen Autorin, Filmemacherin und Drehbuchautorin nicht nur lesend, sondern auch sehend und hörend genießen.

Daniela Dröscher

daniela-droescher-©-Stefka-Ammon[1] © Stefka Ammon In Robert Gernhardts langjährige Wirkstätte Frankfurt am Main zieht es eine 17-Jährige im Romanprojekt der 2017 ausgezeichneten Autorin Daniela Dröscher. Aus der Provinz stammend, wandelt das Mädchen in der Mainmetropole auf der Schwelle zwischen Jugend und Erwachsensein. Wer erinnert sich nicht an die Orientierungssuche, den Drang, sich selbst zu finden und das, was eigentlich im Leben zählt? Daniela Dröscher tut es. Und zwar nachweislich. Denn die Jury sieht in „Alle die mich kennen“ ein Schreibprojekt, „das sich einfühlen kann in die Lebenswelt junger Mädchen, ohne ihre Sprache zu imitieren, sondern indem sie versucht ihr Ausdruck zu geben“.

Identität ist ein beliebtes Thema der Wahl-Berlinerin. Schon ihr Debüt-Roman „Die Lichter des George Psalmanazar“ zeigt diese Tendenz, die in Werken wie „Pola“ ihre Fortsetzung findet. Dass Daniela Dröscher eine talentierte Schriftstellerin ist belegt dabei nicht allein die feine Psychologie ihrer Texte. Zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen für ihre Prosa, Essays und Theatertexte sprechen eine eigene Sprache. Daniela Dröscher wurde 1974 in München geboren und lebt heute in Berlin.

Preisträger 2016

Silke Scheuermann

scheuermann[1] ©Paul Englert, c/o Schöffling & Co. Silke Scheuermann, geboren am 15. Juni 1973 in Karlsruhe, studierte Theater- und Literaturwissenschaften in Frankfurt am Main, Leipzig und Paris. Ihr Debüt feierte sie 2001 mit dem Lyrikband „Der Tag an dem die Möwen zweistimmig sangen“, gefolgt von weiteren Veröffentlichungen im Bereich Lyrik sowie Epik. 2007 erschien etwa ihr Roman „Die Stunde zwischen Hund und Wolf“, für den Silke Scheuermann mit dem Förderpreis zum Grimmelshausen-Preis ausgezeichnet wurde. Sie erhielt ein Stipendium der Villa Massimo in 2009 und veröffentlichte ein Jahr später ihr erstes Kinderbuch „Emma James und die Zukunft der Schmetterlinge“. 2014 erhielt sie den Hölty-Preis für Lyrik und 2016 den Bertolt-Brecht Literaturpreis. Sie lebt in Offenabach am Main.

Silke Scheuermann erhält den Robert Gernhardt Preis für ihr Lyrikprojekt „Zweites Buch der Unruhe“, das sich mit Bewegungen aller Art beschäftigt, seien es durch das Wasser gleitende Fische, sei es ein Vogelzug oder seien es Migranten auf ihrem Weg nach Europa. Ihr gelingt in doppelbödigen Gedichten ein schwebender, poetischer Ton, der dennoch immer wieder ironische Brechungen zulässt; das hat die Jury überzeugt.

Norbert Zähringer

zaehringer-3[1] © Isabella Scheel Norbert Zähringer, geboren am 04. Mai 1967 in Stuttgart, ist in Hessen großgeworden und studierte nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann Literatur- und Theaterwissenschaften. 2001 erschien sein Debütroman „So“, auf das die Romane „Als ich schlief“ in 2006 und „Einer von vielen“ in 2009 folgten. Norbert Zähringer erhielt neben einigen Stipendien wie dem des Deutschen Literaturfonds Darmstadt und des Berliner Senats auch eine Einladung in die Villa Aurora, Pacific Palisades in Los Angeles. Er arbeitet als freier Autor unter anderem für Deutschlandradio Berlin.

Norbert Zähringer erhält den Robert Gernhardt Preis für sein Romanprojekt „Wo wir waren“, in dem ein Waisenjunge am Tag der ersten Mondlandung die Flucht aus dem von autoritären Strukturen beherrschten Heim wagt und beschließt, in Amerika sein Glück zu suchen. Die Kunst, realistisches Erzählen mit Reflexionen über die Möglichkeiten des Erzählens zusammenzubringen, beeindruckte die Jury. Das Buch ist 2019 erschienen.

Preisträger 2015

Gila Lustiger

lustiger © Heike Bogenberger Gila Lustiger, 1963 in Frankfurt am Main geboren, studierte Germanistik und Komparatistik an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Sie arbeitete als Lektorin für verschiedene Verlage. Seit 1987 lebt sie als freie Autorin in Paris. Ihr erster Roman „Die Bestandsaufnahme“ erschien 1995, dann 1997 „Aus einer schönen Welt“. Ihr Familienroman „So sind wir“ war 2005 für die Shortlist des Deutschen Buchpreises nominiert. 2011 erschien „Woran denkst du jetzt“ und im Frühjahr 2015 ihr großer französischer Gesellschaftsroman „Die Schuld der anderen“, der wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste stand.

Gila Lustiger erhält den Robert Gernhardt Preis für ihren im Entstehen begriffenen Roman „Die Entronnenen“. Hier zeichnet sie die noch unerzählte Geschichte des Übergangslagers Zeilsheim und der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs nach. Im Camp für Displaced Persons in Frankfurt-Zeilsheim lebten von 1945 bis 1948 durchschnittlich mehr als 3000 Menschen. In ihrem Romanprojekt lotet Gila Lustiger die Vergangenheit aus und geht der Frage nach, wie man nach der Shoah neu anfängt, wie Leben nach solchen Erfahrungen überhaupt noch möglich ist. Dabei kommt der angeschlagene Tonfall ganz ohne Pathos und fast ironisch daher, wie die Jury befand.

Annika Scheffel

Annika-Scheffel[1] © Jens Gyarmaty/Suhrkamp Verlag Annika Scheffel, 1983 in Hannover geboren, studierte in Gießen Angewandte Theaterwissenschaften und lebt heute als Prosa- und Drehbuchautorin in Berlin. 2007 war sie Preisträgerin beim Jungen Literaturforum Hessen-Thüringen, 2008/2009 Teilnehmerin des textwerk-Seminars des Literaturhauses München. Sie hat bisher mehrere Kurzgeschichten und zwei Romane veröffentlicht. Ihr Debutroman „Ben“ von 2010 schaffte es gleich auf die SWR-Bestenliste. Ihr letzter Roman „Bevor alles verschwindet“ erschien 2013, eine Geschichte von dunklen Geheimnissen und letzten Hoffnungen, mal unfassbar komisch, dann wieder abgrundtief traurig, immer befreiend – vom ersten Satz bis zum letzten.

Den Robert Gernhardt Preis erhält Annika Scheffel für das Romanprojekt „Hier ist es schön“. Ihr literarischer Ausgangspunkt ist dabei das reale Projekt Mars One, bei dem freiwillige Teilnehmer ohne Rückkehrmöglichkeit auf den Mars geschickt werden sollen, um dort eine neue Gesellschaft aufzubauen. Vier Menschen sind für diese Reise ins Ungewisse ausgewählt. Das dystopische Zukunftsszenario punktete bei der Jury durch seine leichthändige, aber jederzeit poetische Sprache.

Preisträger 2014

Ulrike Syha

Ulrike-Syha1[1] Ulrike Syha, geboren 1976 in Wiesbaden, absolvierte nach dem Abitur zuerst ein Jahrespraktikum am Staatstheater Darmstadt und studierte Dramaturgie in Leipzig. Nach Engagements in diversen Bühnenwerken machte Ulrike Syha in Hamburg Station. Dort lebt sie seit 2003 und schreibt und übersetzt für den Rowohlt Theaterverlag.

Ihr Anspruch: Mit ihren Texten möchte sie das Theater herausfordern. Und das gelingt. So haben ihr Sprachwitz und ihre Ironie der Autorin schon zahlreiche Würdigungen und Auszeichnungen beschert, so nun auch den Robert Gernhardt Preis.

Ulrike Syha sei „die Fluchthelferin des deutschen Theaters“, so schreibt der Spiegel über die in Wiesbaden geborene Dramatikerin. „Ihre Stücke handeln von Rast- und Ruhelosen, die weglaufen wollen von ihren Jobs, von ihren Partnern, vor sich selbst. Weit kommen sie meistens nicht, aber sie versuchen es immer wieder.“ Selbst sieht sich Syha genau als eine solche Figur in einem ihrer nicht veröffentlichten Stücke, fern von der Realität.

Den Robert Gernhardt Preis erhält Ulrike Syha für ihren ersten, bisher noch nicht veröffentlichten Roman „Der Korridor“, der eine Trilogie in unterschiedlichen Formaten vollendet. Zuvor erschienen ein Hörspiel und ein Theaterstück. Die Jury ist überzeugt, ein thematisch und inhaltlich spannendes Projekt auszuzeichnen, „dass das Thema einer allen Bereichen ausufernden und immer unkontrollierbareren Stadt aufgreift, auf ästhetisch überzeugende Weise die bedrohlichen Schwingungen unserer Gegenwart auffängt und in einem atmosphärisch starken Text verdichtet.“

Kurt Drawert

Kurt-Drawert[1] Kurt Drawert, geboren 1956 in Henningsdorf (Brandenburg), begann bereits 1986 eine erfolgreiche Karriere als freier Autor. Zuvor hat er eine Ausbildung zum Facharbeiter für Elektronik absolviert, anschließend das Abitur sowie ein Literaturstudium in Leipzig abgeschlossen; dazu kamen verschiedene Auslandsaufenthalte. Heute wohnt Drawert mit seiner Frau und zwei Kindern in Darmstadt. Dort leitet er mit der ‚Textwerkstatt’ ein Forum für junge Literatur und steht dabei kreativen Nachwuchsschreibern zur Seite, koordiniert den Austausch und vermittelt außerdem sein literarisches Wissen.

Denn wie man erfolgreich schreibt, weiß Drawert: Im Suhrkamp Verlag erschienen bisher zahlreiche Titel und vor allem als Lyriker und Essayist konnte sich Drawert auch international einen Namen machen. Doch sein Spektrum umfasst ebenso Theaterstücke, Hörspiele, Übersetzungen und er ist Herausgeber zahlreicher Anthologien. Seine Arbeiten wurden vielfach mit bedeutenden Preisen ausgezeichnet, in diesem Jahr kommt der Robert Gernhardt Preis für das unveröffentlichte Langgedicht „Verständnis und Abfall“, in dem er auf beeindruckende Weise eine hessische Landschaft beschreibt, hinzu. Es ist ihm gelungen, den Themen Heimat und Natur die Paradoxien abzugewinnen, im Nichts das Ganze festzuhalten“, so die Begründung der Jury.

Preisträger 2013

Ricarda Junge

Ricarda Junge „Seinen humorvoll-ironischen Blick und seine Fähigkeit, den Nagel einfach auf den Kopf zu treffen“, schätzt die Preisträgerin 2013 besonders an Robert Gernhardt. Obwohl die 1979 in Wiesbaden geborene Ricarda Junge in Berlin lebt, bleibt sie doch im Herzen Hessin und besucht immer wieder gern ihre Heimatstadt, wie sie selbst unterstreicht. Bereits für ihr Debüt „Silberfaden“ wurde das literarische Ausnahmetalent 2003 erst 23-jährig mit dem Grimmelshausen-Förderpreis ausgezeichnet. Sie lehnt es jedoch ab, als „Fräuleinwunder“ bezeichnet zu werden.

Bisher veröffentlichte die Autorin einen Erzählband und drei Romane. „Ricarda Junges Romane erzählen von deutscher Gegenwart und Vergangenheit, ohne einem platten Realismus zu verfallen. Stets ist ihnen ein doppelter Boden eigen“, betonte die Jury in ihrer Begründung zu dem mit dem Robert Gernhardt Preis 2013 ausgezeichneten Romanprojekt „Die letzten warmen Tage“.

Paulus Böhmer

Paulus-Boehmer[1] Paulus Böhmer als einen Mann vielseitiger Interessen zu beschreiben, wäre eine beinahe bodenlose Untertreibung. Den 1936 in Berlin geborenen und in Oberhessen aufgewachsenen Dichter konnte man viel eher als „ruhelos Suchenden“ bezeichnen: So studierte er Jura, Architektur und Literatur, versuchte sich als Industriekaufmann und Bauarbeiter und züchtete am Rande des Vogelsbergs Stauden- und Ziergräser. Außerdem war er Reizwarenlieferant, Lektor sowie Werbetexter, was ihn wieder in die Nähe seiner literarischen Tätigkeit rückte. Seit 1974 lebte er als Schriftsteller und Maler in Frankfurt am Main, wo er das Hessische Literaturbüro im Mousonturm gründete.

Böhmer galt als bedeutender Vertreter des rhythmisch-epischen Großgedichts. „Wenn ich schreibe, schreibe ich über die Welt als Ganzes, also ich versuche eigentlich das enzyklopädische Totalgedicht zu schreiben“, erläuterte er sein dichterisches Schaffen. Für sein Lyrikprojekt „Zum Wasser will / alles / Wasser will weg“ wurde Böhmer 2013 mit dem Robert Gernhardt Preis ausgezeichnet. In ihrer Begründung lobte die Jury ihn als „sprachmächtigen Solitär in der deutschen Gegenwartslyrik, der seit Jahrzehnten an einem großen Opus arbeitet.“
Der für die hessische Literaturszene prägende Lyriker ist am 5. Dezember im Alter von 82 Jahren in Frankfurt gestorben. 

Preisträger 2012

Pete Smith

Pete-Smith[1] © Harsa Pete Smith wurde 1960 als Sohn einer Spanierin und eines Engländers als drittes von fünf Kindern im westfälischen Soest geboren und ist dort aufgewachsen. Nach dem Abitur und einem mehrmonatigen Aufenthalt in London studierte er in Münster  Germanistik, Philosophie und Publizistik. In diese Zeit fallen seine ersten literarischen Versuche. Nach dem Studium absolvierte er ein Volontariat bei einer Tageszeitung im Rhein-Main-Gebiet, vorwiegend im Ressort Kultur, bei der er später als Redakteur für Kultur und Gesellschaft tätig war.  Mitte der 1990er Jahre knüpfte er an seine literarischen Anfänge an, zunächst mit Kurzgeschichten, die in Anthologien und Literaturzeitschriften publiziert wurden. 1998 erschien sein erster Roman, kurz darauf das erste Kinderbuch. Er schreibt Romane, Erzählungen, Essays sowie Hörspiele für Erwachsene und Kinder.

Für sein geplantes Werk „Endspiel“ erhielt er den Robert Gernhardt Preis 2012.

In diesem Projekt erzähle er spannend, dialogsicher und mit genauer Beobachtungsgabe von der folgenreichen Begegnung eines jungen, fußballbegeisterten Geschichtswissenschaftlers im Weltmeisterschaftssommer 2010 mit einer älteren Dame, befanden die Juroren. „Dabei kommt in subjektiver Brechung die Geschichte der vergangenen 70 Jahre in den Blick.“

2015 ist „Endspiel“ im Frankfurter Societäts Verlag erschienen.

Mehr dazu unter:

https://societaets-verlag.de/produkt/endspiel/

Frank Witzel

witzel © Bernd Bodtländer Frank Witzel erhält den Deutschen Buchpreis 2015.
Aus dem Rennen um den Deutschen Buchpreis 2015 ist der als Außenseiter gestartete Frank Witzel mit seinem überbordend monumentalen Roman „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“ als Sieger hervorgegangen. Schon 2012 hatte er für das damals noch im Entstehen begriffene Werk den Robert Gernhardt Preis erhalten. Der mit 25.000 Euro dotierte Deutsche Buchpreis kürt den besten deutschsprachigen Roman des Jahres und gilt als wichtigste Auszeichnung der Verlagsbranche. Die Jury hat den jetzt preisgekrönten Roman aus 167 Titeln ausgewählt, eingereicht von 110 Verlagen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Verliehen wird der Deutsche Buchpreis traditionell am Vorabend der Buchmessen-Eröffnung im Frankfurter Römer. „Das Schöne ist, dass dieses Buch bei Leuten ganz unterschiedlicher Generation etwas hervorgerufen hat“, freute sich Frank Witzel bei seiner Ehrung auf dem Podium des Kaisersaals, wo er mit herzlichem Applaus gefeiert wurde.

Mehr zum Deutschen Buchpreis 2015:

https://www.deutscher-buchpreis.de/

Preisträger 2011

Thomas Gsella

Thomas-Gsella[1] „Der Journalist hat nichts gelernt und muss darüber schreiben.“ Und schon sind wir mittendrin im satirischen Werk von Thomas Gsella, Jahrgang 1958. Dass er mit dem Zitat aus der Spiegel online-Satire „Hier spricht der Dichter“ auch sich selbst verballhornt, gehört wohl zum Prinzip der fröhlichen Anarchie. Denn Gsella war viele Jahre lang Redakteur und von 2005 bis 2008 gar Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“. Nicht allein dadurch steht er in direkter Verbindung zu Robert Gernhardt, einem der Begründer der Frankfurter Zeitschrift mit dem ganz eigenen Humor. Denn wie der „Meista“ hat er sich insbesondere als Verfasser komischer Lyrik hervorgetan. Als Mitglied der Titanic Boygroup verbreitet der respektvolle Spötter auf Lesetouren seine witzigen Botschaften und schreibt von Aschaffenburg aus Prosa und Gedichte. Sein Lyrikprojekt „Tiere und Reime“ war es auch, für das Gsella 2011 der Robert Gernhardt Preis verliehen wurde. Vollendet hat er die Idee zusammen mit den Zeichnern Greser & Lenz ein Jahr später als „Viecher in Versen“.

Matthias Göritz

Matthias-Goeritz[1] © Verlag C.H.Beck Er debütierte über einen kurzen Traum und auch den Robert Gernhardt Preis erhielt er neben Thomas Gsella für ein Traum-Projekt: Matthias Göritz, Preisträger des Jahres 2011. „Das Geschäft mit den Träumen“, so der Arbeitstitel seines Romans, erzählt von der Gratwanderung der Kunst zwischen Profit und Wahrheit und der Kraft der Manipulation. Umgesetzt hat der 1969 geborene Wahl-Frankfurter sein episches Vorhaben schließlich im Jahr 2013 mit der Veröffentlichung von „Träumer und Sünder“. Ein Gesprächsroman ist es geworden. Historisch genau und sprachlich geschickt lässt Göritz die verblühte Produzentengröße Helmut Erlenberg einem jungen Journalisten von seiner Idee berichten. Er plant, im großen Stil den von den Nationalsozialisten inszenierten Überfall auf den Radiosender Gleiwitz zu verfilmen, der 1939 als Vorwand für den Überfall auf Polen diente. Nicht ohne Nicole Kidman und Ridley Scott, versteht sich.

Etwas von Glanz und Glorie der Traumfabrik Hollywoods hat auch Göritz’ Werdegang. Der Lyriker, Übersetzer und Romancier blickt bereits heute auf eine filmreife Liste an Stipendien und Auszeichnungen zurück. Happy, aber noch nicht zu Ende.

Rezension von Denis Scheck über Matthias Göritz Roman

Preisträger 2010

Peter Kurzeck

PeterKurzeck[1] © Erika Schmied Peter Kurzeck wurde 1943 in Tachau, Sudetenland, geboren. 1946 zog seine Mutter mit ihm und seiner Schwester nach Staufenberg bei Gießen, wo er seine Jugend verbrachte. Ab 1977 lebte er in Frankfurt am Main, ab den 1990er Jahren schließlich überwiegend im südfranzösischem Uzés.

Die Zeit seines Aufwachsens in Staufenberg hat ihn nachhaltig geprägt. Seine Romane und Erzählungen sind Aufzeichnungen dieses Lebens, eines Lebens in der hessischen Provinz, in Frankfurt am Main und der bundesdeutschen Gesellschaft insgesamt. Detailliert, fast schon minutiös beschreibt er in seiner ganz eigenen Sprache, was er sah und ihm wichtig war. Damit wurde er zum Chronisten einer vergangenen Zeit. Bekanntheit erlangte er auch mit seinen Hörbuchproduktionen, wie zum Beispiel Ein Sommer, der bleibt (2007 im supposé Verlag). Hier erlebt man Peter Kurzeck in der Rolle des Erzählers, der ohne Manuskriptvorlage von den Jahren seiner Kindheit berichtet. So wird der Zuhörer unmittelbar Zeuge von Literaturentstehung.

2010 erhielt er den Robert Gernhardt Preis für seinen Roman „Vorabend“ – den fünften Band seiner autobiografischen Chronik „Das alte Jahrhundert“, ein auf zwölf Bände angelegter Romanzyklus, den Peter Kurzeck 1997 mit „Übers Eis“ begann.

Mit dem 1000-seitigen Werk „Vorabend“ ist ihm nach Meinung der Literaturkritiker endlich die Anerkennung zuteil geworden, die ihm längst zustand. Peter Kurzeck ist am 23. November 2013 an den Folgen mehrerer Schlaganfälle gestorben.

Zum Tode Peter Kurzecks:

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/zum-tod-peter-kurzecks-die-gegenwart-ist-doch-nicht-einfach-bloss-jetzt-12681424.html

Andreas Martin Widmann

Andreas-Martin-Widmann[1] © Markus Kirchgessner Seinen Roman beschreibt er in drei Sätzen so: „Neun Monate, nach denen nichts mehr ist wie zuvor. Ein Campingplatz, ein Vater mit abenteuerlichen Plänen und ein Sohn, der davon erzählt, wie sie scheitern. Eine einfache Geschichte aus unserer Zeit.“ Für „Die Glücksparade“ erhielt Andreas Martin Widmann 2010 den Robert Gernhardt Preis. Der Roman des 1979 geborenen Wahl-Londoners erinnert an J.D. Salinger und seinen jugendlichen Antihelden Holden Caulfield. Das Werk des amerikanischen Schriftstellers ist neben Bruce Springsteens stimmungsvollen Lyrics auch eines der textlichen Vorbilder Widmanns. Wenn er nicht gerade mit einem besonderen Gefühl für die Sehnsüchte und Herausforderungen Heranwachsender Romane schreibt, unterrichtet der promovierte Literaturwissenschaftler als DAAD-Lektor am University College London, wo er seit 2012 lebt.

Preisträger 2009

Elsemarie Maletzke

Elsemarie_Maletzke[1] Elsemarie Maletzke – mit ihren Biografien sucht sie über die Jahrhunderte hinweg ihre Seelenverwandten, wühlt ferner gern mal literarisch in der Erde und zieht als Reisejournalistin in ferne und nahe Welten. Die Reiseleidenschaft ist auch der Ursprung des Reimprojekts, für das die 1947 geborene Oberhessin gemeinsam mit Christian Golusda 2009 Trägerin des Robert Gernhardt Preises wurde: Als „Sturm und Tang“ erschien die Sammlung von 55 Reisegedichten mit großem Gernhardtschem Unterhaltungswert.

Robert Gernhardt ist obendrein die Persönlichkeit, die die in Frankfurt am Main lebende Maletzke am meisten an ihrer Stadt bewundert – neben Goethe selbstverständlich. Am liebsten treffen würde sie allerdings Sean Connery. Dass sie witzig ist, hat sie in ihrer Zeit bei Titanic und Pardon längst bewiesen. Ihre Liebe zu Irland und Großbritannien schlägt sich in ihren authentischen Reisebüchern nieder, besondere Bekanntheit erwarb sie sich durch ihre Biografien der großen Autorinnen des 19. Jahrhunderts. Ja, sie ist vielschichtig, diese sympathische Autorin, mit der man gern die Welt entdeckt.

Christian Golusda

Christian Golusda © Alfredo de Laat Es ist eine außergewöhnliche Idee, für die Christian Golusda gemeinsam mit Kollegin und Freundin Elsemarie Maletzke 2009 mit dem Robert Gernhardt Preis ausgezeichnet wurde. Ihr Reise-Reim-Projekt „Frau M. grüßt Dr. Krittel“, das 2010 unter dem Titel „Sturm und Tang“ erschien, ist Reisepost der anderen Art. Ursprünglich nur für eigene Unterhaltungszwecke gedacht, berichten die Autoren sich in Versform von ihren in- und ausländischen Reiseerlebnissen – ein nicht immer politisch korrekter, dafür aber virtuos-witziger Postkartendialog ganz auf Gernhardts Spuren.

Dabei begann Christian Golusdas Weg ganz anders. 1948 geboren, studierte er zunächst Pharmazie und Medizin und wechselte dann Ende der 1970er Jahre als Tänzer und Akteur in die freie Kulturszene. Neben Darstellung, Konzeptionen und Regie für Tanz sowie Theater in Frankfurt am Main, schreibt er heute Gedichte und übersetzt (Sach-)Literatur. Außerdem ist er Arzt für Psychiatrie.

Andreas Maier

Andreas-Maier[1] © Markus Kirchgessner Andreas Maier studierte in Frankfurt am Main Altphilologie, Germanistik und Philosophie und ist Doktor der Philosophie im Bereich Germanistik. Geboren wurde er 1967 in Bad Nauheim. Seine hessische Herkunft ist Inspirationsquelle für den selbsternannten Heimatdichter, dessen Werke mit wenigen Ausnahmen in der Wetterau und in Frankfurt am Main angesiedelt sind. In der Tradition des österreichischen Schriftstellers Thomas Bernhard, mit dem er sich in seiner Dissertation beschäftigte, widmet sich Andreas Maier in seinen Romanen den Themen Sprachkultur und politischer Aktionismus, geht mit seiner selbstironischen Heimatliebe aber auch einen ganz eigenen Weg. Die Welt aus Wetterau, Apfelwein und Fußball steht auch im Zentrum seiner Kolumne „Neulich“, die er für die Literaturzeitschrift „Volltext“ schreibt. Diese als Onkel J. verfasste Heimatkunde erschien gesammelt 2010 bei Suhrkamp. Seine Romane wurden in mehr als zehn Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen gekürt. Gemeinsam mit Elsemarie Maletzke und Christian Golusda ist Andreas Maier erster Träger des Robert Gernhardt Preises. Er erhielt die Auszeichnung für sein auf insgesamt elf Bände angelegtes Projekt „Ortsumgehung“, dessen erster Teil „Das Zimmer“ 2010 publiziert wurde. Der Autor lebt heute in Frankfurt am Main.

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